Seit 02. März 2022 laufen die Umbau- und Sanierungsarbeiten an der Bahnunterführung der B 420 in Nierstein. Viel wurde im Vorfeld über die möglichen Auswirkungen der über 2 Jahre andauernden Baumaßnahme diskutiert. Im Sommer 2024 soll der Verkehr wieder durch das dann neue Viadukt rollen.
Rheinselz-Highlights interviewte den Dienststellenleiter des Landesbetrieb Mobilität Worms, Bernhard Knoop zum aktuellen Stand der Baumaßnahme.
Die Bahn und wir als LBM sind sehr zufrieden mit dem Ablauf der Baumaßnahme. Es ist für alle Beteiligten eine hoch anspruchsvolle Bauaufgabe mit allen Facetten des Spezialingenieurbaus, des Brückenbaus, des Eisenbahnbaus sowie des Tief- und Straßenbaus. Der Terminplan ist extrem eng, die Platzverhältnisse sind ebenso eng und die Baustelle selbst liegt an einem hoch belasteten Verkehrsknotenpunkt. Es wird von den Bauarbeitern tagtäglich bei Wind und Wetter sehr viel abverlangt.
Ist der Bauablauf der Baustelle im geplanten Zeitfenster?
Ja, wir sind soweit im Zeitplan. Wir dürfen auch wegen der festen Sperrpausen der Bahn, Anfang Dezember 2023, nicht aus dem Takt geraten.
Gab es bisher unerwartete Überraschungen?
Bei so einem komplexen Bauprojekt müssen sie immer mit Überraschungen rechnen. Beispielsweise, wenn der Zeitbedarf für die Herstellung der Großbohrpfähle, die immerhin einen Durchmesser von 90 bis 120 Zentimeter haben, länger ist als ursprünglich geplant. Insgesamt waren rund 2.000 Meter Bohrpfähle in den Baugrund einzubringen. Damit der Zeitplan gehalten werden kann, musste sehr schnell ein zweites Großbohrgerät auf die Baustelle gebracht werden.
Wie viele Bauarbeiter sind im Schnitt auf der Baustelle?
Auf der Baustelle sind derzeit zwischen 25 bis 30 Mann beschäftigt. Dazu kommen noch die Logistik und die Zulieferer für die Baustelle, das Fachpersonal in den technischen Büros, die die Ausführungspläne für die Baustelle erstellen, die Bauleitung der beauftragten Firma, die Ingenieure des Prüfstatikers, der Baugrundlabors, bei Arbeiten im Gleisbereich das Sicherheitspersonal sowie die Bauüberwachung von Seiten des Auftragsgebers Deutsche Bahn und des LBM Worms.
Beim Blick über den Bauzaun konnte man zeitweise eine sehr tiefe und breite Baugrube erkennen, die jedoch nicht mit der finalen Lösung vergleichbar ist. Was ist der Hintergrund dafür?
Von der Oberkante der Bahngleise bis zur untersten Sohle der Baugrube sind es etwa 10 Meter. Dieser Höhenunterschied setzt sich von oben nach unten zusammen aus den Höhen für das Gleisbett, der Konstruktionshöhe für die Eisenbahnbrücke, der lichten Mindestdurchfahrtshöhe von 4,70 Meter für die Bundesstraße B 420 (Pestalozzistraße) unter der Bahnbrücke, dem Fahrbahnaufbau für die B 420 von 60 Zentimeter und der 1,20 Meter Konstruktionsdicke der Bodenplatte des Trogbauwerks einschließlich der rund 1,60 Meter dicken Gründungssohle.
Zuletzt mussten Betonarbeiten an 2 Kalendertagen rund um die Uhr durchgeführt werden. Müssen sich die Anwohner auf weitere solcher Maßnahmen einstellen?
Wir hatten am Mittwochmorgen, 18. Januar bis Donnerstagfrüh, 19. Januar 2023 eine 24-Stunden-Betonage auf der Baustelle.
Zum Herstellen der bereits genannten Gründungssohle wurden damals rund 1.200 Kubikmeter Beton innerhalb von 24 Stunden über eine mobile Betonpumpe in die Baugrube eingebracht.
Wir werden weitere Nacht- und Wochenendarbeiten haben. Das ist bei diesem sehr engen Zeitplan leider unvermeidbar. Denken Sie nur an die schon heute fest geplanten und bereits angekündigten Termine Freitagabend, 01. Dezember, 21 Uhr bis Montagfrüh, 04. Dezember 5 Uhr, sowie direkt im Anschluss von Montagabend, 04. Dezember 21 Uhr durchgehend bis Donnerstagmorgen, 07. Dezember 5 Uhr. Diese Termine und weitere Informationen finden Sie unter www.b420-nierstein.de . Wir werden Nacht- und Wochenendarbeiten im Vorfeld über Pressemitteilungen ankündigen.
Wie beurteilen Sie das Interesse der Bürger an der Baustelle? Konnten Sie viele Zaungäste verzeichnen?
Ja, das ist so. Das Interesse ist sehr groß. Wir werden oft zu dem Großprojekt in Nierstein angesprochen. Es ist schließlich eine besondere Großbaustelle an zwei hoch belasteten Verkehrsachsen, linksrheinische Bahn und Bundesstraße B 9, die man nicht alle Tage in Rheinhessen hat. Es wird auf engstem Raum hoch anspruchsvoller Ingenieurbau umgesetzt. Die Maschinen, die vielen Menschen auf der Baustelle, zuletzt auch noch Taucher. Das ist schon sehr spannend. Das Bauen an sich und die vielen großen Baumaschinen, das rege Geschehen auf der Baustelle, das interessiert die Menschen.
Im vergangenen Jahr wurde mehrfach die Verkehrsführung entlang der Rheinstraße geändert. Stehen weitere Veränderungen oder Beeinträchtigungen für die Verkehrsteilnehmer an?
Im Großen und ganzen bleibt die Verkehrsführung in diesem Jahr erst mal so bestehen. Wir werden die B 9 (Rheinallee) im Jahr 2024 noch ein bisschen hin und her schieben, um den notwendigen Straßenbau zu erledigen. Das Konzept des Straßenbaus werden wir im nächsten Jahr aber frühzeitig kommunizieren.
Welches sind die nächsten großen Schritte im Bauablauf?
Auf den Fotos sehen Sie, dass wir nach dem sogenannten „Lenzen“, also dem Abpumpen des Grundwassers aus der Baugrube, mit dem Bau des Trogs für die Bundesstraße begonnen haben. Das ist im Wesentlichen die Tätigkeit bis zum Jahresende 2023/Frühjahr 2024. Ab Juni werden wir mit dem Bau der Bahnbrücken beginnen. Diese werden zunächst außerhalb der Gleise gebaut und im Dezember 2023 in ihre endgültige Lage in die Gleisachsen eingeschoben.
Wann wird das erste Mal die neue Unterführung in den tatsächlich finalen Ausmaßen erkennbar sein?
Ab Spätsommer/Herbst dieses Jahres wird der Trog immer mehr seine Gestalt annehmen, so dass man sich die finalen Ausmaße vorstellen kann.
Wann wird, nach aktueller Terminplanung, die Eröffnung gefeiert?
Sie stellen Fragen. Wir werden sicher gemeinsam mit der Stadt Nierstein ein schönes Fest vorbereiten und feiern. Ich glaube, dass haben sich die Anlieger der Baustelle, die Niersteiner der Wörrstädter Straße, der Breitgasse, der Rheinstraße, der Große Fischergasse, die derzeit den vielen Verkehr der abgehängten B 420 aufnehmen müssen und natürlich die Bauarbeiter sowie das gesamte Team wirklich verdient. Wann das genau sein wird, verraten wir im nächsten Jahr.
Vielen Dank für das Interview Herr Knoop und weiterhin alles Gute und viel Erfolg bei der Umsetzung dieser besonderen Baustelle.