Geschichtsverein Nierstein:„Nierstein und seine Weinpatenschaften im Dritten Reich“ | Aktuelle Nachrichten und Informationen

Absatzförderung im Dritten Reich: „Wein als Volksgetränk“ durch Patenschaften. Dr. Christoph Krieger begeisterte zahlreiche Zuhörer mit einem Vortrag am 21. Juli im Niersteiner Stadtpark

Geschichtsverein Nierstein:„Nierstein und seine Weinpatenschaften im Dritten Reich“

Die Werbemaßnahmen zur Förderung des Weinabsatzes seien die größte Unterstützungsaktion gewesen, die ein Wirtschaftszweig in Nazi-Deutschland je erfahren habe. Die sogenannten Weinpatenschaften deutscher Großstädte seien große Umsatzbringer gewesen und hätten für gewisse Zeit der Nazi-Parole „Wein ist Volksgetränk“ nachhaltige Wirkung verschafft. Mittendrin und mehrfach dabei auch Nierstein.

Diese Kernaussagen untermauerte Dr. Christoph Krieger, der aktuell kenntnisreichste Historiker auf diesem Gebiet, mit seinem Vortrag am 21. Juli beim Geschichtsverein Nierstein im Stadtpark. Aufgrund der vollen Keller organisierten die NSDAP mit ihrer Kraft durch Freude-Organisation ab 1934 die „Feste der deutschen Traube und des Weines“. Allerdings nicht wie im Führerstaat ansonsten üblich von „oben herab“, sondern in Konkurrenz verschiedener Organisationen.

Krieger: „Es herrschte die reinste Anarchie“. Dennoch fanden angesichts reicher Ernten und voller Keller bis 1937 diese Absatzmaßnahmen statt. Zuerst riss sich die Mosel den Großteil der Patenschaften unter den Nagel; Pfalz und Rheinhessen hatten das Nachsehen. 1935 und 1936 lief es besser. Nierstein war mit Winzern und Folkloregruppen in zahlreichen Städten, darunter Darmstadt, Hamburg-Harburg, Hannover und Magdeburg. Dokumente belegten, dass in Hannover rund 1000 Liter Freiwein in einer Stunde ausgegeben wurden und dass der Oberbürgermeister von Magdeburg den Niersteinern einen Besuch abstattete und an einer langfristigen Partnerschaft Interesse signalisierte.

Dazu kam es nicht, aber im Rathaus sind immer noch das damals überreichte Bild und ein Magdeburger Ehrenteller vorhanden, die Geschichtsvereinsvorsitzender Hans-Peter Hexemer präsentierte.